Freitag, 28. August 2015

Der österreichische Europacupsommer in 10.000 Zeichen

Diese Europacup-Woche verlief ganz und gar nicht nach dem Geschmack der österreichischen Fußballfans. Am Dienstag erkämpfte sich Rapid zwar mit einem beherzten Auftritt ein 2:2 in der Lemberger EM-Arena gegen die ukrainischen Brasilianer von Shakhtar Donezk, verpasste den Aufstieg aber um ein Tor, welches sowohl Robert Beric als auch Philipp Prosenik in der Schlussphase auf dem Kopf bzw. Schuh hatten. Gestern patzten Salzburg und Altach hinterher. Die Bullen siegten zwar hochverdient mit 2:0 gegen Dinamo Minsk, scheiterten jedoch im Elfmeterschießen an den eigenen Nerven und dem weißrussischen Goalie. Altach erreichte in Lissabon bei Belenenses ein 0:0, nach dem 0:1 im Hinspiel in Innsbruck reichte das aber nicht zum Aufstieg, hier hätte Louis Ngwat-Mahop die Rheintaler in den letzten Minuten zwar in die Verlängerung retten können, scheiterte jedoch so wie Philipp Prosenik für Rapid zwei Tage zuvor an der eigenen Treffungenauigkeit und am Aluminium. Nach den vorzeitigen Ausscheiden von Sturm Graz gegen Kazan, welches ebenfalls nicht gerade unvermeidlich war, und des Wolfsberger AC gegen Dortmund, hier war wirklich nicht mehr drinnen, sieht die Bilanz der österreichischen Starter insgesamt verheerend aus. Einzig Rapid ist im Herbst noch international mit von der Partie und darf sich mit dem Trostpflaster Europa League beschäftigen, die anderen Vertreter können sich ab sofort unter der Woche vor dem Fernseher entspannen. Wie das passiert ist und warum das auch durchaus verdient ist, lest Ihr in den folgenden Zeilen.

Rapid gegen Shakhtar oder die ausbleibende Sensation


Beginnen wir mit dem erfreulichsten: Rapid setzte sich gegen Ajax Amsterdam einmal als Außenseiter durch und zeigte gegen die mit viel brasilianischer Qualität gespickten Ukrainer, dass man auch mit europäischen Klasseteams zumindest phasenweise ausgezeichnet mithalten kann. Gerade deshalb ist das Ausscheiden aus Fansicht aber so unfassbar bitter. Nach langen Jahren, in denen man in Europa nur hinterher gelaufen ist und in den Gruppenphasen wenig Licht gesehen hat bzw. an der eigenen Unfähigkeit gescheitert ist (man denke an die Spiele gegen Helsinki bzw. Thun), sieht man heuer in Hütteldorf (also eigentlich in der Leopoldstadt) endlich wieder ein Team, dass sowohl spielerisch als auch kämpferisch überzeugen und auch auf europäischer Ebene für Furore sorgen kann. Gegen Donezk hielt man über weite Strecken gut mit, die Statistiken zeichnen ein ausgeglichenes Bild vom Rückspiel, doch am Schluss scheiterte man an den Nerven des slowenischen Stürmerstars Robert Beric, der eine Chance wie jene zum 3:2 in Lemberg unter normalen Umständen locker nutzt und nach dem Spiel dementsprechend am Boden zerstört war. Nun droht dieses erstmalig starke Team wieder auseinanderzufallen. Die Abgänge von Beric, Schobesberger und Schaub stehen im Raum und auch wenn es derzeit bei allen nach einem Verbleib aussieht, kann am internationalen Transfermarkt bekanntlich alles wahnsinnig schnell gehen. Der Wechsel von Schobesberger wäre vermutlich noch am besten zu verkraften, weil dieser 2015/16 bisher wahrlich nicht zu den Stützen zählt und seine starke Frühjahrsrunde ohnehin erst bestätigen muss. Die Abgänge von Mittelfeld-Regisseur und bis dato besten Kreativspieler Louis Schaub und Goalgetter Robert Beric würden jedoch ein riesiges Loch in die Mannschaft reißen. Ersatzmänner zu finden, die sofort in die Bresche springen können, ist nahezu unmöglich und intern stehen vor allem im Sturmzentrum derzeit absolut keine gleichwertigen Vertreter bereit. Philipp Prosenik, neben Beric der zweite Unglücksrabe von Lemberg, zeigt zwar gute Ansätze, aber gleichzeitig auch, dass er noch nicht für einen Stammplatz bei einem Titelanwärter der österreichischen Bundesliga bereit ist, und Deni Alar kämpft seit mittlerweile 3 Jahren mehr mit sich selbst, seinem Körper und seiner Form als mit irgendwelchen anderen Spielern um Eisatzminuten. Die Abgänge von Beric und Schaub wären also nicht nur kurzfristig schmerzhaft, sondern könnten auch längerfristig die neugewonnene Stabilität der Grün-Weißen gefährden. Auch bei einem Weiterkommen gegen Donezk wäre ein Verbleib aller Stammspieler natürlich nicht garantiert gewesen, die Aussicht auf internationale Topspiele und die zusätzlichen finanziellen Ressourcen des Vereins hätten ihn aber weitaus realistischer gemacht. Dazu kommt, dass die Sehnsucht nach der Königsklasse im grünen Teil Wiens nach zehnjähriger Abstinenz riesengroß ist und so nahe wie jetzt kam man diesem Traum schon sehr lange nicht mehr.

Salzburg gegen Minsk oder das konsequenteste Scheitern der Fußballgeschichte


Von einer glücklichen Beziehung zwischen Red Bull Salzburg und der UEFA Champions League sprechen wohl die wenigsten. Nachdem man auch heuer in der Qualifikation der Königsklasse zum zweiten Mal in Folge gegen den schwedischen Meister Malmö FF die Segel streichen musste, blieb noch immer die Möglichkeit, sich über Dinamo Minsk zumindest in die Gruppenphase der Europa League zu retten. Doch mit einer 2:0-Niederlage in Weißrussland, wo man trotz einer entsetzlichen Leistung gegen einen erbärmlich schwachen Gegner nur 2 Torchancen zuließ und aus beiden ein Tor kassierte, standen die Karten vor dem Rückspiel schon denkbar schlecht. Man schaffte zwar mit einer verbesserten Performance – die wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass mit Hinteregger und Soriano die einzigen beiden Spieler mit internationaler Qualität wieder mit dabei waren – einen 2:0-Sieg und kämpfte sich damit in die Verlängerung, das machte das Scheitern im Elfmeterschießen danach aber nur noch bitterer. Damit ist Salzburg zum ersten Mal seit der Blamage von Düdelingen nicht in der Gruppenphase der Europa League vertreten. Obwohl man mit Dinamo Minsk einen Gegner vor sich hatte, der in Österreich in der zweiten Spielklasse nicht zu den Titelaspiranten gehören würde, fiel Peter Zeidler, dem Trainer der Salzburger, nach dem Spiel nichts Besseres ein, als dem Schiedsrichter die Schuld für das Scheitern zu geben, weil dieser ein korrektes Tor von Jonatan Soriano wegen Abseits in der Verlängerung nicht gegeben hat. Stattdessen sollte sich Zeidler doch viel mehr fragen, warum man gegen einen derart schwachen Gegner wie Minsk überhaupt bis in die Verlängerung musste. Dass im Elferschießen unter großem Druck die Nerven von jungen Spielern wie Atanga, Minamino oder Berisha versagten, ist nicht wirklich überraschend. Demenstsprechend war wohl dem Großteil der Salzburger schon vor der Entscheidung klar, dass man von Punkt das Nachsehen haben würde. Die unglücklich gewählte Reihenfolge im Elferschießen – mit Atanga und Berisha schossen die beiden, die während des Spiels die schwächsten Salzburger waren, die zwei entscheidenden Elfer und scheiterten beide – tat ihr übriges zum Ausscheiden und fällt ebenfalls in den Aufgabenbereich des Trainers. Wenn man sich das Spiel angesehen hat, sieht man, dass in Salzburg derzeit generell einiges scheinbar nicht wirklich läuft. Angefangen beim enttäuschenden Besuch in der Bullenarena – verständlich nach dem Hinspiel, dennoch eines österreichischen Meisters nicht würdig – über das Gelächter des obersten Bullen Didi Mateschitz nach dem verlorenen Penaltyschießen – man stelle sich das bei irgendeinem anderen Verein vor, es wäre ein handfester Skandal und wohl auch Rücktrittsgrund – bis hin zur Körpersprache von Topstar und Identifikationsfigur Jonatan Soriano, der auch in Interviews immer wieder seine Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation zeigte, läuft derzeit in Wals-Siezenheim so einiges in die falsche Richtung. Entweder Zeidler und die anderen Marionetten von Ralf Rangnick leisten einfach fürchterlich schlechte Arbeit oder man konzentriert sich wirklich schon auf RB Leipzig und Salzburg ist nicht mehr als ein Farmteam für den deutschen Zweitligisten. Beides wäre für die Anhänger in Salzburg kein gutes Signal und die Aussicht auf Besserung ist derzeit eher gering. Der Kader ist derzeit selbst für nationale Verhältnisse nur mehr durchschnittlich gut und falls Soriano den Verein noch verlässt, wird es heuer ein nahezu unmögliches Unterfangen, in den Titelkampf einzugreifen.

SCR Altach oder wie man seine Auslosung nicht nützt


An den Lostöpfen war der SCR Altach heuer vom Glück verfolgt. Als ungesetzter Verein hätte man es fast nicht besser treffen können als gegen die beiden portugiesischen Vertreter von Vitoria und Belenenses. Trotzdem reichte es für die Vorarlberger nicht zum Einzug in die Gruppenphase. Im Gegensatz zu Red Bull Salzburg ist das jetzt kein allzu harter Schlag für den Verein, weil damit vor der Saison ohnehin nicht zu rechnen war. Die Enttäuschung ist natürlich dennoch groß, die Chance auf den erstmaligen Einzug in eine Gruppenphase bei der ersten Teilnahme am internationalen Geschäft war groß und wird vermutlich nicht so bald wieder kommen. Leider standen sich die Altacher selbst im Weg und ließen gegen Belenenses vor allem die Genauigkeit und Entschlossenheit in der Offensive vermissen. Man spielte zwar – genauso wie am Wochenende gegen die Admira – zwar ewig um den gegnerischen Strafraum herum, konnte dabei aber nicht wirklich Torgefahr ausstrahlen. Leider kam die aktuelle Formkrise genau zum falschen Zeitpunkt für das internationale Geschäft, andererseits ist es hier für den Vereine vielleicht nicht allzu schlecht, nicht den gesamten Herbst mit der Doppelbelastung kämpfen zu müssen und dabei in der Liga endgültig in den Abstiegssumpf zu sinken. Das ist für die Fans zwar aktuell kein Trost, könnte aber langfristig auch bedeutend sein.

Fazit



4 Klubs scheitern gegen schlagbare Gegner an der eigenen Unfähigkeit, 1 Team rettet sich dabei immerhin in die EL-Gruppenphase. Der EC-Sommer war auch schon mal besser (aber auch schon schlechter) 

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